Wie lebt man im vierzehnten Jahr nach zwei Krebserkrankungen und einer Stammzelltransplantation?
Ist man nach dieser Zeit wieder ganz gesund?
Nach vielen Jahren, in denen Gesundheit mein dominierendes Lebensthema war, sollte dieses Jahr für mich wieder ein schönes werden. Nicht spektakulär, sondern eher normal. Ich habe meinem Körper wieder vertraut, ich bin wieder viel unter Menschen gewesen, ich habe gefeiert und ich habe mich weiterentwickelt. Beruflich wie persönlich. Als Autorin, als Dozentin, als Ehrenamtliche. Vor allem aber als Mensch, der nicht mehr nur Patientin ist.
Dieser Jahresrückblick 2025 ist kein „Schau, was ich alles geschafft habe“. Er ist ein Innehalten und vor allen Dingen ein Ausdruck meiner Dankbarkeit. Für viele kleine, völlig normale Momente, die nach so langer Krankheit alles andere als selbstverständlich sind.
Ich nehme dich mit durch verschiedene Themen, und du wirst verstehen, dass es möglich ist, nach schweren Jahren wieder in einem guten eigenen Leben anzukommen.
Meine Themen und Highlights in 2025
Inhaltsverzeichnis
Gesund genug für das Leben – neues Vertrauen in meinen Körper
Schon im Januar stand meine Mammografie an – das Jahr fängt ja gut an! Meine jährliche Mammografie ist zwar ein Routine-Termin, aber doch jedes Mal ein wenig beunruhigend.
Auch in diesem Jahr erhielt ich die stille Bestätigung: Mein Körper hat den Krebs aus dem Jahr 2007 komplett überwunden. Auch wenn die Chemotherapie damals zu einer Knochenmarkschädigung geführt hat und die Stammzelltransplantation notwendig gemacht hatte, bin ich heute krebsfrei.
14 Jahre nach der Stammzelltransplantation schaue ich bewusst und dankbar auf dieses Jahr ohne Komplikationen oder gesundheitliche Katastrophen zurück. Ich gehe regelmäßig zur Kontrolle meiner Blutwerte in die KMT Ambulanz – im Sommer alle 2-3 Monate. Im Winter sehe ich meine Ärzte jeden Monat. Der Grund ist meine immer noch andauernde Immunsuppression durch Jakavi. Auch wenn ich die Dosis im letzten Jahr halbieren konnte, bin ich nach wie vor für Infekte gefährdet.

Dementsprechend dankbar bin ich meinen Ärzten, dass ich in den Wintermonaten regelmäßig eine Infusion im Immunglobulinen bekomme – Gammunex. Die Immunglobuline helfen mir durch die gefährlichen Monate, wo viele Menschen um mich herum verschnupft sind, oder Grippe- oder Coronaviren mit sich tragen und verbreiten. Das Ergebnis meiner vorzüglichen Versorgung in der Uniklinik Düsseldorf ist, dass ich das ganze Jahr so gut wie infektfrei verbringen konnte. Mein Mann, der noch nie ernsthaft krank war, hatte öfter mit Erkältung und grippalen Infekten zu tun als ich (und ist darüber ganz unglücklich – bin doch sonst ich diejenige, die häufig da niedergelegen hatte…). Ich bin nicht nur dankbar, sondern fühlte in diesem Jahr, dass ich meinem Immunsystem langsam wieder voll vertrauen kann. Es hat sich gezeigt: Geduld haben ist der Schlüssel für das Leben nach einer Stammzelltransplantation!
Glücksmomente und kleine sportliche „Höchstleistungen„
Im Laufe des ganzen Jahres 2025 erlebte ich Momente, bei denen ich meinen Körper endlich wieder stabil und belastbar kennenlernte. Im Februar bin ich mit der Familie Ski gefahren. Nach zwei Skiunfällen (2014 und 2016) dachte ich lange: „Skifahren, das kann ich nicht mehr.“
In diesem Jahr packte ich meinen ganzen Mut zusammen und erlebte den Moment, der mich selbst überrascht hat – es geht noch. Sonne, griffiger Schnee, meine Lieblingsmenschen auf Skiern um mich herum – ein kleiner Glücksmoment und das Gefühl, mir selbst wieder mehr zutrauen zu können. Wie schön, dass man sportliche Techniken über viele Jahre hinweg nicht verlernt.
Ähnlich ging es mir im September an einem wunderschönen Strand in der Türkei: Wassersport mit meiner Tochter. Lange hatte ich nicht die Kraft, ein Surfsegel zu halten, geschweige denn, weit aufs Meer hinauszufahren und dem Wind standzuhalten. Im September waren die Bedingungen perfekt, ein kleines Segel, türkisblaues Wasser, ideale Temperaturen und Wind Stärke 3, der mich nicht direkt vom Brett gepustet hat. Dass ich noch einmal mehrere Stunden auf dem Surfbrett stehe, hätte ich nie gedacht. Ich spürte, ich kann mit tatsächlich wieder auf meinen Körper verlassen, auch mit 64 Jahren. Ich bin nicht mehr Patientin, sondern mitten im Leben.

Weiterbildung – Lernen und Neuorientierung
Im Juni begann ich eine neue Weiterbildung: Durch meine vielen Schreib-Aktivitäten habe ich erkannt, dass mir die Textarbeit viel Spaß macht. Einen Text zu redigieren, zu verbessern und den Kern einer guten Geschichte durch eine gute Überarbeitung herauszukristallisieren, das war genau mein Ding. Ich begann eine Weiterbildung zur Lektorin.
Diese Ausbildung war keine Pflicht für mich, sondern einfach nur Kür – Spaß am Lernen und Spaß daran, mich weiterzuentwickeln. Auch mit über 60 Jahren kann man etwas ganz neues lernen, auch nach Krebs, und auch nach einer so gravierenden Therapie wie einer Stammzelltransplantation.

Das Ganze wurde durch meinen ersten Auftrag abgerundet:
Eine junge Autorin, die mich und mein Buch „Annas Blut“ über das Internet gefunden hatte, hat etwas ähnliches wie ich erlebt. Sie bekam aus heiterem HImmel eine Leukämie-Diagnose, und schrieb nachfolgend ihre ganze Geschichte der Krankheit und der Therapie auf. Das Buch „Krebs war nie der Plan“ ist wunderbar lebendig und mitreißend geschrieben, und ich habe mich geehrt gefühlt, ihre Lektorin zu sein. Es erschien im Dezember diesen Jahres.

Suche nach meinem nächsten Ziel
Seit meinem gesundheitlich bedingten beruflichen Ausstieg vor acht Jahren arbeite ich in Teilzeit – allerdings vielseitig und mit großer Freude.
Ich unterrichte Biologie als Dozentin an zwei Aachener Krankenhäusern, betreibe meinen Blog über die Stammzelltransplantation (den du gerade liest 😊) und schreibe Bücher.
Nach meinem ersten Roman „Annas Blut“ habe ich mich in diesem Jahr intensiv meinem zweiten Roman gewidmet. Es ist ein historischer Familienroman, der mir viel Zeit, Energie und manchmal auch Nerven abverlangt hat. Das Manuskript ist seit dem Sommer fertig und befindet sich nun im Feinschliff. Auch wenn ich mein Ziel, das Buch 2025 zu veröffentlichen, nicht ganz erreicht habe, ist das Ende greifbar.


Wer mich kennt, weiß, dass ich immer neue Projekte brauche, um glücklich zu sein.
Gleichzeitig hat sich in diesem Jahr unsere familiäre Situation spürbar verändert. Unsere Kinder sind zwar beide erwachsen, aber sie sind in diesem Jahr noch selbstständiger geworden. Besonders an Weihnachten wurde mir das klassische Empty-Nest-Gefühl bewusst – und es hat mich auch traurig gemacht.
Da es mir gesundheitlich gut ging, stellte sich ich mir immer wieder die Frage:
Wie geht es nun weiter?
Was möchte ich in meinem Leben noch erreichen? Kann ich etwas ganz neues beginnen?
Soll ich einen weiteren Roman schreiben? Oder vielleicht unser Haus umgestalten? Vielleicht lieber eine große, spektakuläre Reise machen? Diese Fragen haben mich nach der Sommerpause sehr beschäftigt.
Doch am Ende wurde die Entscheidung überraschend klar: Schon lange trug ich den Wunsch in mir, ein Sachbuch über die Stammzelltransplantation zu schreiben. Trotz Zweifel und Stimmen von Bekannten, die meinten, so ein Buch müsse von Medizinern geschrieben werden, ließ mich die Idee nicht los.
Im November habe ich mich entschieden: Ab Januar 2026 beginne ich mit diesem Sachbuch für Patientinnen und Patienten.
Ich freue mich sehr darauf. Es wird auch eine Reise zu meinen eigenen Erfahrungen sein, ergänzt durch Gespräche mit anderen Betroffenen. Mein Ziel ist klar: ein verständliches, hilfreiches Buch zu dem Thema Stammzelltransplantation zu schreiben, denn ein solches scheint es zurzeit noch nicht zu geben.
Gemeinschaft und Ehrenamt
In diesem Jahr bin ich wieder viel unter Menschen gegangen.
In den ersten Jahren nach meiner SZT war ich durch die Immunsuppression so gehandicapt, dass ich mich oft in mein „Schneckenhaus“ zurückgezogen habe, aus Angst, mir Infekte einzufangen. Dann kam Corona – wir wissen alle, was für eine Ausnahmesituation das über zwei bis drei Jahre gewesen ist. Ganz besonders für gefährdete Menschen wie wir Patienten nach einer SZT.
Inzwischen ist diese bedrohliche Situation durch Impfungen und Abschwächung des Virus wieder der Normalität gewichen. Gleichzeitig konnte ich meine Immunsuppression auf eine geringe Dosis Jakavi reduzieren, so dass ich mich nicht mehr gesorgt habe, viele soziale Kontakte zu pflegen.
Feste, Geburtstage, Gemeinschaft
Viele Geburtstage und Jubiläen durfte ich in diesem Jahr wieder gemeinsam mit Freunden und Familie feiern. Es war wie ein großes Geschenk für mich nach der langen Zeit, in der Nähe, Umarmungen und geselliges Beisammensein keine Selbstverständlichkeit waren.
Aktiv in unserer Kirchen-Gemeinde
Anfang des Jahres habe ich mich in unserer Gemeinde umgehört und gefragt, wo Hilfe gebraucht wird. Die Antwort lautete: Bei den Senioren!
Kurzentschlossen habe ich mich für die Seniorentreffen gemeldet, die zweimal im Monat stattfinden. Sie werden von einer engagierten Schwester mit viel Herz und einem wunderbarem Programm für bis zu 40 ältere Gemeindemitglieder gestaltet. Mir hat die Aufgabe direkt begonnen, Spaß zu machen, auch wenn meine Arbeit nur darin besteht, Kaffee auszuschenken, Geschirr zu spülen und die Teilnehmerinnen zu unterhalten. Es fühlt sich ein wenig für mich an, als würde ich in die Zukunft schauen. Und es ist so schön zu sehen, wie interessiert und fit einige von meinen Senioren sind.
Durch meine Aktivität in der Seniorenarbeit erhielt ich im Mai die Gelegenheit, an einem Seminar zur Sterbebegleitung bei der Caritas Aachen teilzunehmen.
Das Seminar hat mir erneut gezeigt, wie kostbar das Leben ist, und wie wichtig Zuhören, Präsenz und Menschlichkeit in diesen verletzlichen Momenten ist.
Der Tangent Club 58 Aachen
Seit Jahren engagiere ich mich im Serviceclub Ladies Circle, und zwar in der älteren Variante, dem Tangent Club. Wir treffen uns einen Abend pro Monat, hören interessante Vorträge, und engagieren uns sozial, in dem wir während des Jahres Spenden sammeln für bestimmte, von uns ausgewählte lokale Projekte hier in der Region Aachen.
In diesem Jahr wurde ich erneut als Präsidentin gewählt, was eine Menge Hintergrund Arbeit und Organisation bedeutete. Als wir am Ende des Jahres auf dem Weihnachtsmarkt eine große Spendensumme durch den Verkauf von selbstgemachten Plätzchen, Likören und Marmeladen einspielten, war ich ganz schön stolz auf „meine“ Ladies und ihr Riesenengagement.

Weitere schöne und besondere Momente in 2025
Die Leipziger Buchmesse

Geburtstagsfeiern

Mutter-Tochter Urlaub im Herbst
Der einwöchige Urlaub mit meiner Tochter im Robinson Club Serigerme war ein Highlight für uns beide.

Was waren die besten Entscheidungen, die ich 2025 getroffen habe?
- Im März besuchte ich mit meinem Mann ein viertägiges Beziehungsseminar – „Miteinander“ von Klaus Frey. Eine der wichtigsten Entscheidungen in 2025 – wir haben gelernt, wieder offener miteinander zu kommunizieren und das Leben ist dadurch wieder deutlich leichter geworden und unbeschwerter geworden.
- Meine Ausbildung zur Lektorin hat mir neue Freundschaften gebracht und einen ganz neuen Blick auf geschriebene Texte.
- Die beste Entscheidung war es, mein ganz persönliches Ziel für das nächste Jahr festzulegen. Es gibt mir Schwung und Motivation für 2026 – ich freue mich jetzt schon auf den Januar!
Wofür bin ich 2025 besonders dankbar?
- Für meinen Körper, der wieder funktioniert.
Für die Medizin. - Für meine Familie und den Zusammenhalt mit den mittlerweile erwachsenen Kindern
- Für meine Freunde, mit denen ich viele, viele schöne Glücksmomente erleben durfte
- Dafür, wieder mitten im Leben sein zu dürfen
Was ist in 2025 nicht nach Plan gelaufen?
Was lasse ich zurück in 2025 und nehme es nicht mit in 2026?
- Karneval feiern – als „kölsches Mädchen“ ist mir der Karneval seit meine Kindheit bekannt und war mir immer wichtig. In 2025 habe ich es erstmals wieder versucht und beschlossen, dass ich es nicht mehr brauche. Schunkeln und Singen ist schön, aber Alkohol im Überfluss und Kranksein nach den tollen Tagen haben mir gezeigt, dass ich mich gerne davon verabschieden kann.
- Beim Autofahren in Dämmerung und Dunkelheit habe ich bemerkt, dass meine Augen schlechter geworden sind. Ich brauche eine Brille, das war mein Gedanke, den ich meiner Augenärztin im Herbst mitteilte. Die verneinte jedoch und eröffnete mir, dass meine Augen durch die langjährige Cortison Behandlung von grauem Star betroffen sind. Also – im nächsten Jahr brauche ich eine Augen-OP. Autsch…
Mein Fazit
Dieses Jahr war für mich kein Jahr der großen Sensationen, sondern eines der Normalität – und genau das macht es so wertvoll. Ich habe wieder Vertrauen in meinen Körper gewonnen, konnte genießen, planen und nach vorne schauen. Und ich habe gemerkt: Es ist wieder Platz für neue Ideen und Ziele in meinem Leben.

Meine 5 Ziele für 2026
- Mehr Sport und Bewegung, gesündere Ernährung
- Mein erstes Sachbuch schreiben
- Mein zweiter Roman wird endlich veröffentlicht
- Eine schöne Reise machen – auch wenn ich das Ziel noch nicht weiß. Skandinavien? Oder Italien, Florenz, Venedig? Wer weiß….
- Meinem Hund das Apportieren beibringen – Die Hundeschule haben wir hinter uns gelassen, weil sie mich und Sherlock gestresst hat. Aber wir fangen etwas neues an.
Mein Motto für 2026 heißt: Wissen teilen. Orientierung geben.


Liebe Annette,
mit Freude habe ich deinen Jahresrückblick gelesen. Ich lese eine gewisse Lebendigkeit zwischen den Zeilen.
Dein Autorin sein ist weiter gewachsen und Glückwunsch zur Lektorin – wunderbar
Alles Liebe und Gute für dich!
Auf ein schönes 2026
Herzliche Grüße
Sandra