Letzte Woche bin ich aus der Reha nach Hause gekommen. Ich habe mich dabei direkt an meine Reha nach meiner Stammzelltransplantation erinnert. Die Frage, ob ich nach der Transplantation in Reha gehe, kam erst lange nach der Krankenhausentlassung auf.
Hierbei musste ich viele Entscheidungen treffen, zum Beispiel über die Wahl des Klinikortes. Diese Entscheidungen kommen auch auf dich zu, wenn du vor einer Reha stehst. Ich führe dich hier in diesem Artikel durch meine gesamten Überlegungen für die Wahl der Rehabilitationsmaßnahme durch.
Wie ich auf die Idee kam, nach der Stammzelltransplantation in Reha zu gehen
Inhaltsverzeichnis
Die ersten Jahre nach meiner Transplantation war ich sehr schwach und kämpfte mit meiner bald auftretenden GvHD. Ich bekam viele Immunsuppressiva und Cortison und hielt mich stark mit sozialen Kontakten zurück. Erst nach 2 Jahren konnte ich wieder in einer sehr geringen Stundenzahl arbeiten gehen. Weitere 2 Jahre später war ich von den vielfältigen Anforderungen (meinem Job, meine Familie und meine noch schlechte Gesundheit) sehr erschöpft.
Es war meine Sozialberaterin, die mich auf die Idee brachte, eine Rehabilitationsmaßnahme in Anspruch zu nehmen. 3 Wochen Zeit nur für meine Gesundheit, das würde mir gut tun.
Bei einer langen Erkrankung, besonders nach Krebstherapie, wird eine Reha oft direkt nach der Krankenhausentlassung empfohlen. Eine solche Anschlussheilbehandlung soll den Erholungs-und Genesungsprozess beschleunigen. Vielleicht geht es dir aber so wie mir, dass du nach der langen Klinikzeit noch gar nicht an eine Reha denkst. Und dass du froh bist, zuhause zu sein. Dann vergisst du diese Möglichkeit vielleicht über die nächsten Jahre.
Wie ich den richtigen Zeitpunkt für mich gewählt habe
Diese Entscheidung hing eng für mich zusammen mit Punkt 1. In der ersten kritischen Zeit nach der Stammzelltransplantation war ich viel zu schwach, um andere Umgebung zu gehen. Mein Zuhause war meine Burg, in der ich mich wohlfühlte. Ich brauchte die Hilfe und Unterstützung meiner Familie im Alltag. Daher habe ich in den ersten vier Jahren diese Möglichkeit nicht in Anspruch genommen.
Das kann auch bei dir so sein. Bald aber, irgendwann einmal, kommt die Situation, dass du dich stärker fühlst und nicht nur zuhause gesundwerden willst. Eine Reha hat ja das Ziel der weiteren intensiven medizinischen Betreuung, so wie du sie zuhause nicht erhalten kannst.
Das Zusammenspiel von Therapien, Sport und psychologischer Betreuung kann dir einen Schub geben, dich wieder gut in den Alltag einzugliedern. Wann dieser Zeitpunkt eintritt, das ist wohl bei jedem Patienten unterschiedlich. Es hängt vom Verlauf der Therapie, von eventuell auftretenden Komplikationen (zum Beispiel einer GvHD) und vom familiären Umfeld ab.
Welcher Klinikort ist der richtige für mich?
Meine erste Erfahrung: Reha entfernt von Zuhause
Hierfür kann ich auf zwei sehr verschiedene Erfahrungen zurückgreifen. Nach meiner Transplantation suchte ich eine Auszeit für mich. Diese sollte an einem anderen Ort sein, möglichst weit entfernt von meiner Familie und meinem Wohnort. Ich versprach mir Entspannung, Ablenkung von meiner Krankheit, Luftveränderung und eine schöne Landschaft. Dies waren alles Dinge, die ich zuhause nicht hatte und die für mich mit „Gesundwerden“ gleichkamen.
So fiel meine Wahl auf eine Klinik in Boltenhagen, an der Ostsee. Diese Entscheidung war goldrichtig. Obwohl ich mich zunächst etwas allein fühlte, half die neue Umgebung mir, mich mit mir selbst zu beschäftigen. In der Klinik fand ich dann sehr bald viele Gleichgesinnte, mit denen ich eine sehr intensive, sehr persönliche Zeit haben. Die Stunden am Strand in netter Runde und der Blick aus meinem Zimmer direkt aufs Meer waren besonders für mich. Dies alles habe ich hier im Rheinland nicht zur Verfügung.
Meine zweite Erfahrung: Reha in der Nähe
Mein zweiter Reha-Aufenthalt liegt noch gar nicht lange zurück. Nach meiner Knie-Operation dieses Jahr wurde mir eine dreiwöchige Reha empfohlen, damit ich mein Knie unter Therapie mobilisieren konnte.
Der wichtigste Aspekt bei dieser Entscheidung für mich war: Es war Januar! In den dunklen Wintermonaten erschien es mir nicht sehr verlockend in einer fremden Umgebung zu sein. Besonders im Januar mummele ich mich lieber zuhause ein, und mache es mir hier gemütlich. Außerdem haben wir seit anderthalb Jahren einen Hund, für den ich die Haupt-Bezugsperson bin. (Ja, Hunde sind so etwas wie kleine Kinder: Familienmitglieder, die eine kontinuierliche Betreuung brauchen).
Wofür habe ich mich entschieden? Ich beschloss, direkt nach meiner Operation in die nächste Rehaklinik hier in Aachen, nur sechs km von zuhause entfernt, zu gehen.
Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. In diesen drei Wochen war ich zwar von vielen Patienten umgeben, die mit Hüft- oder Kniegelenkoperationen zu kämpfen hatten. Es war nass und kalt und um 17 Uhr wurde es dunkel. Ich habe mich aber von der bedrückten Stimmung nicht herunterziehen lassen, denn ich war sehr glücklich, meine Operation geschafft zu haben. So konzentrierte ich mich auf die Therapien und war zufrieden für die viele freie Zeit am Nachmittag. Da konnte ich mich ausruhen oder bekam Besuch von meiner Familie und meinen Freundinnen. Dies war alles nur möglich, weil ich in meiner Heimatstadt war.
Worauf ich noch geachtet habe bei der Wahl der Rehaklinik
Zu einem Rehabilitationsprogramm gehören immer:
- Medizinische Betreuung
- Psychoonkologische und sozialrechtliche Beratung
- Bewegungstherapie und Sport
- Ernährungsberatung
Die meisten Rehakliniken haben eine gute Webseite auf der du dich informieren kannst. Auf dieser Seite kannst du unter 1.500 Rehakliniken diejenige aussuchen, die zu deiner Indikation und deiner Wunsch-Region passt.
In 2015 suchte ich eine Klinik mit onkologischen und kardiologischen Schwerpunkt, da ich mit einer Herzinsuffizienz zu kämpfen hatte.
Für die endgültige Entscheidung habe ich mir die Schwerpunkte der Klinik und die therapeutische Ausstattung angesehen. Auch für dich ist es bestimmt interessant, ob es ein Schwimmbad gibt und wie die Sporträume aussehen. Vielleicht ist dir auch das Kreativangebot für die Freizeit wichtig. Gute Informationen geben auch die Bewertungen der Kliniken.
Außerdem empfehle ich dir dringend, dir ein Bild über die Ausstattung der Klinikzimmer zu machen. Schau nach, ob du in deiner gewählten Klinik ein Einzelzimmer haben kannst. Und, ob es WLAN gibt oder andere Faktoren, wie zum Beispiel ein Fernseher im Zimmer.
Nach all diesen Vorüberlegungen habe ich meine Wunschklinik ich in Boltenhagen an der Ostsee gefunden. Ich hatte Glück und wurde dieser Klinik zugeteilt.
Ich muss dir aber auch sagen, dass du für die Wahl deiner Klinik lediglich Vorschläge machen kannst. Es ist nicht sicher, dass dein Wunsch berücksichtigt werden kann. Wenn die Versicherung dir eine andere als deine Wunschklinik vorschlägt, kannst du eventuell Widerspruch einlegen. Schau dir aber die Klinik, die dir vorgeschlagen wurde, genau an, vielleicht erfüllt sie deine Kriterien ja auch.
Spezielle Faktoren, die du für die Reha nach einer Stammzelltransplantation beachten solltest
Als Patient nach einer Knochenmarktransplantation bist du in einer besonderen Situation – schließlich wurde vor kurzem dein gesamtes Immunsystem ausgetauscht. Drei Faktoren können in deiner Reha eine große Rolle spielen:
- Dein Immunsystem ist sicher noch geschwächt. Daher solltest du dich auch in der Reha keimarm ernähren, und Infektionen vermeiden. Mir wurde damals in Boltenhagen empfohlen, nicht ins Schwimmbad zu gehen.
- GvHD: Falls du eine GvHD entwickelt hast, ist es hilfreich für dich, wenn dies in der Reha regelmäßig untersucht wird. Auch die Fortführung deiner Behandlung (Immunsuppressiva, Physiotherapie, Hautpflege und -untersuchung) sollte fortgeführt werden.
- Ausdauer und Krafttraining: Besonders nach der Hochdosis-Chemotherapie und dem langem Krankenhausaufenthalt einer KMT fühlst du dich weniger leistungsfähig. Ein individuell abgestimmtes Trainingsprogramm kann dir helfen, dich am Ende des Rehabilitationsaufenthaltes deutlich fitter zu fühlen.
In jedem Fall ist es hilfreich für dich, eine Klinik zu wählen, die sich mit der Situation nach einer Transplantation auskennt. Eine spezialisierte Klinik für Patienten nach Knochenmarktransplantation ist zum Beispiel die „Klinik am See“ in Rüdersdorf bei Berlin.
Fazit für deine Reha nach einer Stammzelltransplantation
Wieder richtig gesund werden – das ist der größte Wunsch eines jeden Patienten nach einer Stammzelltransplantation. Wenn du dich stark genug fühlst, wird eine Rehabilitationsmaßnahme dir in jedem Fall dabei helfen. Im Sommer 2015 kam ich nach drei Wochen Reha körperlich und psychisch gestärkt zurück und konnte danach erneut meine Arbeitzeit wieder erhöhen. Die Möglichkeiten, die unser Sozialsystem anbietet, sind vielfältig. Ich bin überzeugt davon, dass du nach Abwägung aller hier erwähnten Faktoren für dich die beste Option herausfindest.
Hast du schon einmal eine Reha durchgeführt? Wenn ja, wie waren deine Erfahrungen diesbezüglich?
Oder stehst du gerade or einer solchen Reha und hast noch Fragen an mich?
In beiden Fällen schreibe mir einfach einen Kommentar unter diesen Artikel. Oder schicke mir eine E-Mail. Ich freue mich, dir diese beantworten zu können.
Pingback: Die kritische Zeit nach einer Knochenmarktransplantation - was musst du beachten?
Für stammzellentransplantierte Menschen empfehle ich die Reha-Abteilung der Klinik für Tumorbiologie an der Uniklinik Freiburg. Ich war gerade vier Wochen dort und bin zufrieden.
Liebe Beate, vielen Dank für diese Nachricht. Solche Informationen über Reha-KLiniken sind sehr wertvoll für andere! Toll, dass du dort zufrieden warst! Liebe Grüße, Annette